Das sekundäre chronische Offenwinkelglaukom bei Pseudoexfoliations- (PEX-)Syndrom macht etwa 25% aller Glaukome aus und gilt gegenwärtig als häufigste morphologisch identifizierbare Glaukomursache überhaupt. Das dieser spezifischen Glaukomform zugrunde liegende Krankheitsbild, das PEX-Syndrom, ist eine generalisierte Störung der extrazellulären Matrixsynthese, die zu Ablagerungen eines abnormalen pathognomonischen Matrixprodukts in zahlreichen intra- und extraokulären Geweben führt. Jüngste Forschungsergebnisse legen nahe, dass es sich dabei um eine besondere Form einer Elastose, eine Erkrankung elastischer Mikrofibrillen, handelt. Die aktive Beteiligung des Trabekelwerks an diesem generalisierten Matrixprozess führt bei 40–60% der Patienten zur Entwicklung eines Sekundärglaukoms. Darüber hinaus ist das PEX-Syndrom aber auch ein bedeutender Risikofaktor für weitere spontan oder intra- und postoperativ auftretende okuläre Komplikationen sowie für systemische kardiovaskuläre Erkrankungen. Das PEX-assoziierte Offenwinkelglaukom ist eine rasch progrediente und eine intensive Behandlung erfordernde Glaukomform mit generell schlechter Prognose, wofür die zumeist hohen intraokularen Druckwerte und Druckschwankungen verantwortlich sind. Als Hauptmechanismus der chronischen Widerstandserhöhung im Trabekelwerk werden eine Blockade der Abflusswege durch vor allem lokal produzierte PEX-Ablagerungen im juxtakanalikulären Bindegewebe und nachfolgende degenerative Veränderungen in der Wand des Schlemm-Kanals angenommen. Zusätzliche pathogenetische Faktoren, die zu einer Widerstandserhöhung und Glaukomentwicklung beitragen können, beinhalten eine ausgeprägte Melanindispersion, eine erhöhte Proteinkonzentration des Kammerwassers, vaskuläre Faktoren sowie eine veränderte Bindegewebsstruktur der Lamina cribrosa. Neben einem chronischen Sekundärglaukom können prinzipiell noch weitere Glaukomvarianten mit PEX assoziiert sein wie akute Glaukome durch plötzliche Melanindispersion bei diagnostischer Mydriasis oder sekundäre Winkelblockglaukome infolge Pupillarblocks oder Ziliarblocks durch Subluxation der Linse bei instabilem Zonulaapparat. Als pathogenetische Faktoren, die eine Rolle bei diesem fibrotischen Matrixprozess zu spielen scheinen, wurden der Wachstumsfaktor TGF-β1, die Inhibitoren der Matrixmetalloproteinasen TIMP-1 und TIMP-2 und vermehrter oxidativer Stress im Kammerwasser von PEX-Patienten identifiziert. Sowohl TGF-β1 als auch TIMP-1/2 stellen damit potenzielle therapeutische Ansatzpunkte für kausale rationale Therapieansätze dar.